Als Schulleiter einer Grundschule in Nordrhein-Westfalen sehe ich täglich, wie wichtig eine fundierte Medienerziehung für Kinder und Eltern geworden ist. Die digitale Welt bietet unzählige Möglichkeiten, sie birgt jedoch auch Risiken, vor allem für junge Nutzer. Unser Elterncafé zur Medienerziehung ist ein Pilotprojekt, das Eltern dabei unterstützen soll, ihre Kinder beim sicheren und sinnvollen Umgang mit digitalen Medien zu begleiten. In diesem Beitrag möchte ich das Konzept des Elterncafés vorstellen und erläutern, warum und wie wir es als Schule ins Leben gerufen haben.
Warum ein Elterncafé zur Medienerziehung?
Kinder kommen immer früher mit digitalen Medien in Kontakt. Viele Grundschüler besitzen bereits eigene Smartphones oder Tablets und sind in der digitalen Welt aktiv – ob über soziale Medien, Messenger-Dienste oder Spiele-Apps. Dabei beobachten wir als Schule nicht nur den positiven Aspekt der digitalen Bildung, sondern auch die Herausforderungen, die sie mit sich bringt. Eltern berichten von Problemen mit übermäßigem Medienkonsum, problematischen Inhalten und Sicherheitsfragen, sind aber oft unsicher, wie sie die digitale Nutzung ihrer Kinder sinnvoll begleiten können.
Hier setzt unser Elterncafé an: Es soll Eltern in entspannter Atmosphäre praktische Tipps und Einblicke in die digitale Welt bieten, ohne belehrend zu wirken. Eltern können an interaktiven Stationen selbst ausprobieren, was sie sonst nur theoretisch hören würden. Wir wollen ihnen einen Raum geben, in dem sie ohne Zeitdruck Fragen stellen und sich informieren können. Und das von den Menschen, denen sie ihre Kinder jeden Tag anvertrauen – dem Kollegium ihrer Schule.
Ein flexibles und offenes Konzept
Das Elterncafé findet an einem Abend in der Schule statt und wird von 19 bis 21 Uhr geöffnet sein. Wir möchten den Eltern die Möglichkeit geben, zu kommen und zu gehen, wann es ihnen am besten passt. Anstatt eines klassischen Vortragsformats mit festem Beginn und Ende setzen wir auf ein interaktives und flexibles Angebot: An verschiedenen Stationen können Eltern sich frei bewegen, Stationen durchlaufen und sich mit dem Team und anderen Eltern austauschen.
Die Stationen des Elterncafés – Ein praxisnahes Angebot
Unsere inhaltlichen Schwerpunkte sind in verschiedenen Stationen organisiert, die auf konkrete Fragen und Bedürfnisse der Eltern eingehen sollen. Die Inhalte dieser Stationen sind so gestaltet, dass Eltern direkt ins praktische Tun kommen und ausprobieren können, was sie lernen.
1. App-Station: Einblicke in beliebte Kinder-Apps
An der App-Station zeigen wir Eltern einige der beliebtesten Apps und Spiele, die bei Kindern im Grundschulalter hoch im Kurs stehen – darunter Brawl Stars, Roblox und Fortnite. Diese Apps faszinieren Kinder oft durch ansprechende Grafiken, schnelles Gameplay und soziale Interaktionen. Doch hinter den bunten Bildschirmen lauern potenzielle Gefahren. Bei Brawl Stars und Fortnite beispielsweise sind sogenannte „Pay-to-Win“-Mechanismen eingebaut, die darauf abzielen, dass Kinder Geld investieren, um erfolgreich zu sein.
Ein besonderes Augenmerk legen wir auch auf die Mechanismen in diesen Apps, die Suchtverhalten fördern können. Wir erklären Eltern Begriffe wie „Lootboxen“ und „In-App-Käufe“, die häufig darin bestehen, dass Kinder Geld für digitale Extras ausgeben können – oft ohne zu wissen, was sie genau erhalten. Bei Roblox, einer Art „Sandbox-Spiel“, besteht zudem die Gefahr, dass Kinder auf Inhalte stoßen, die keineswegs für ihr Alter geeignet sind, wie gewalttätige oder sogar rassistische Szenarien. Die App-Station soll den Eltern einen sicheren Rahmen bieten, um die Spiele zu testen und die versteckten Risiken kennenzulernen.
2. Gerätesicherung und Mediennutzungsverträge
Die zweite Station widmet sich dem Thema Gerätesicherung und Mediennutzungsverträge. Hier zeigen wir den Eltern, wie sie die Geräte ihrer Kinder absichern können, um sicherzustellen, dass die Kinder altersgerechte Inhalte konsumieren und keine allzu langen Bildschirmzeiten haben. Viele Eltern sind überrascht, wie einfach sich Smartphones und Tablets mit Funktionen wie „Bildschirmzeit“ (auf Apple-Geräten) oder „Google Family Link“ (für Android) kindersicher einrichten lassen.
Neben den technischen Aspekten stellen wir den „Mediennutzungsvertrag“ vor. Dieses hilfreiche Tool ermöglicht es Eltern und Kindern, gemeinsam Regeln für die Mediennutzung zu erarbeiten und festzulegen. Die Vereinbarung umfasst Aspekte wie maximale Bildschirmzeit, erlaubte Apps und sichere Online-Zeiten. Ein solcher Vertrag unterstützt die Kinder darin, ein verantwortungsbewusstes Verhalten im Umgang mit Medien zu entwickeln, während auch die Eltern durch klare Vereinbarungen zur Vorbildfunktion motiviert werden.
3. Einblick in die schulische Medienarbeit
Um den Eltern auch zu zeigen, wie wir in der Schule mit Medien arbeiten, haben wir eine Station zur schulischen Medienarbeit eingerichtet. Hier erhalten die Eltern einen Einblick in die Programme und Apps, die wir im Unterricht einsetzen, sowie in die Prinzipien, nach denen wir digitale Medien in den Unterricht integrieren. Ziel ist es, dass die Eltern nachvollziehen können, wie wir Medienkompetenz fördern und auf welche Inhalte wir Wert legen.
Wir stellen beispielsweise einfache Programmiertools vor, die bereits im Grundschulalter spielerisch genutzt werden können, und lassen die Eltern auch selbst ausprobieren, wie diese Apps funktionieren. Vielleicht finden einige Eltern daran sogar Spaß und setzen solche Bildungs-Apps auch zu Hause ein, um das Gelernte zu vertiefen. Wichtig ist uns, dass die Eltern ein umfassendes Verständnis dafür entwickeln, warum und wie wir Medien im Unterricht nutzen.
4. Cybermobbing und Cybersicherheit
Cybermobbing ist ein zunehmend präsentes Thema, das auch an Grundschulen nicht ignoriert werden kann. An unserer vierten Station bieten wir Eltern Informationen und Präventionsmöglichkeiten zu Cybermobbing und Cybersicherheit. Wie können Eltern ihre Kinder vor Cybermobbing schützen? Welche Anzeichen sollten sie erkennen? Und was können sie tun, wenn ihr Kind gemobbt wird?
Wir geben auch Hinweise auf sichere Messenger-Dienste, die als Alternative zu WhatsApp geeignet sind, und erklären, welche Möglichkeiten Eltern haben, um die digitale Kommunikation ihrer Kinder zu schützen. An dieser Station klären wir Eltern über die Gefahren des sogenannten „Cyber-Grooming“ auf, bei dem Erwachsene versuchen, über das Internet Kontakt zu Minderjährigen aufzunehmen. Unser Ziel ist es, Eltern auf dieses sensible Thema vorzubereiten und ihnen die Sicherheit zu geben, dass sie ihre Kinder bei Problemen richtig unterstützen können.
5. Büchertisch und digitale Pinnwand
Die letzte Station unseres Elterncafés ist ein Büchertisch mit Fachliteratur und Kinderbüchern zur Mediennutzung. Hier können Eltern einen Blick in Ratgeber werfen, die ihnen in der Erziehungsarbeit helfen, sowie in kindgerechte Bücher, die spielerisch auf die Chancen und Risiken der digitalen Welt eingehen. Von altersgerechten Coding-Büchern bis hin zu Ratgebern, die Eltern helfen, klare Regeln für die Mediennutzung aufzustellen, haben wir eine breite Auswahl zusammengestellt.
Zusätzlich haben wir eine digitale Pinnwand eingerichtet, auf der die Eltern nützliche Links und Ressourcen finden. Sie können diese Inhalte auf einem interaktiven Board durchstöbern oder mit ihrem eigenen Gerät abrufen. Flyer und Broschüren von externen Beratungsstellen ergänzen das Angebot und geben den Eltern die Möglichkeit, sich auch nach dem Elterncafé weiterführend zu informieren.
Unser Team und die Gestaltung des Elterncafés
Das Elterncafé wird von unserem engagierten Schulteam betreut. Unsere Digitalisierungsbeauftragte, die Medienkoordinatorin, unsere Schulsozialarbeiterin und ich selbst werden an den Stationen bereitstehen und den Eltern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Wir sind ein vertrautes Team, das die Eltern gut kennt und sich im Bereich Medienkompetenz kontinuierlich weiterbildet. Es war uns wichtig, dass die Beratung von bekannten Gesichtern kommt, denen die Eltern vertrauen.
Wir haben in den letzten Wochen viel Zeit in die Planung und Vorbereitung des Elterncafés investiert. In mehreren Sitzungen haben wir die Inhalte der Stationen entwickelt, Flyer und Materialien organisiert und Informationsquellen recherchiert. So sind wir sicher, den Eltern einen gut durchdachten und wertvollen Abend zu bieten, an dem sie sich ohne Hemmungen und mit allen ihren Fragen an uns wenden können.
Fazit und Ausblick
Mit dem Elterncafé starten wir ein Angebot, das Eltern helfen soll, ihre Kinder sicher und kompetent durch die digitale Welt zu begleiten. Indem wir auf interaktive, praxisnahe Art Einblicke in die Mediennutzung der Kinder geben, schaffen wir einen Zugang, der Eltern dort abholt, wo sie stehen. Anstatt Vorträge zu halten, bieten wir ihnen die Chance, Mediennutzung direkt zu erleben und zu verstehen, wie sie ihre Kinder in dieser neuen Welt unterstützen können.
Unser Elterncafé ist ein Pilotprojekt, das uns neue Erkenntnisse über die Bedürfnisse der Eltern geben wird. Wir sind gespannt, wie das Angebot angenommen wird und welche Rückmeldungen wir bekommen. Sollten sich viele Eltern für eine Fortsetzung oder Erweiterung aussprechen, planen wir, das Format regelmäßig anzubieten oder das Konzept weiter auszubauen.
Unser Ziel ist es, die Schule als einen Ort zu etablieren, an dem Eltern Antworten auf ihre Fragen zur Medienerziehung finden und ein Netzwerk bekommen, das sie und ihre Kinder in der digitalen Bildung unterstützt.